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Datenpannen bei der Impfpriorisierung

Datenschutz vs Datennutz - Datenpannen bei der Impfpriorisierung 

Es gibt zurecht Unmut bei den Bürgerinnen und Bürgern über das Impfmanagement der Regierung in der Pandemie.
Wartelisten, Prioritätslisten, schlechte Erreichbarkeit der Terminvergabe, Nebenwirkungen von Impfstoffen, Mangelverwaltung als Tagesgeschäft.

Da muss doch im Superwahljahr endlich mal eine gute Aktion her, die das Steuer herumreisst und Frieden schließt mit dem frustranen Auftakt der Impfungen und nebenbei noch den Impfturbo in Niedersachen zündet:
Das Sozialministerium schreibt niedersachsenweit diejenigen Bürgerinnen und Bürger an, die aufgrund chronischer Erkrankungen priorisiert nun ein Impfangebot erhalten können.
Klingt einfach und pragmatisch. 

Aber woher weiss das Sozialministerium eigentlich darüber Bescheid, wer chronisch krank ist? Woher kommen diese Informationen?
Gesundheitsdaten unterliegen zurecht dem höchsten Datenschutz. 
Patientinnen und Patienten müssen sich auf höchste Geheimhaltung verlassen können.
Wie konnten nun die Informationen über chronische Erkrankungen in den Serienbriefverteiler des Sozialministeriums kommen?
Über Arztpraxen sicher nicht. 
Diese melden ihre Behandlungsdiagnosen als ICD 10 Codes mit der Abrechnung an die Kassenärztliche Vereinigung. 
Die Krankenkassen erhalten davon ebenfalls Kenntnis. 
Gibt es vielleicht eine bislang noch unbekannte elektronische Patientenakte der Bevölkerung auf die das Sozialministerium zugreifen konnte? 
Hoffentlich nicht. 
Weitere Recherchen haben ergeben, dass die Informationen von den Krankenkassen kommen. Diese speichern ebenfalls die Diagnosen ihrer Mitglieder.
Dürfen diese dann einfach weitergegeben werden? 
Was sagt die strenge Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) dazu? 
Wieso haben die Kassen ihre Mitglieder nicht direkt im Auftrag des Ministeriums angeschrieben? 
Es ist anscheinend umgekehrt gelaufen. 
Dazu mussten sensible Diagnosedaten in Form von „Diagnoseschlüssel-Codes“ für die Auswahl der chronisch Kranken durchsucht und als Adressaten dem Ministerium zur Verfügung gestellt werden. Valide waren die Auswahlprozesse wohl auch nicht, denn etliche jüngere Patientinnen und Patienten wurde nun als Chroniker angeschrieben und erhielten zu ihrer Verblüffung eine beschleunigte Impfpriorität. Damit erhöhen sich weiter die Impfnachfragen in den Praxen und wirbeln die dortigen Wartelisten durcheinander.
Das stiftet nun noch mehr Verwirrung und Ungemach als vorher. 
Gut gemeint, schlecht gemacht. 
Zudem höhlt es weiter das Vertrauen in den sicheren Datenschutz aus.
Nun glauben viele, eine Behörde könne sich auch Gesundheitsdaten beschaffen.
Kein Vertrauensgewinn in die Verwaltung unseres Landes.

Im Resultat: Null Beschleunigung und der der Impfstoff bleibt weiter knapp! 
Peinliche Rückrufaktion nach der Aussendung an die jüngeren Fehladressierten ihr vermeintliches Impfvorrecht nun doch bitte nicht auszunutzen.
Viel Porto für viel Wirbel.
Der Impfzug wird weiterhin nicht zum ICE.

Datenschützer auf allen Ebenen und die Verantwortlichen müssen jetzt dringend nachsitzen, die Imagescherben aufkehren und die Wege der Datenkommunikation transparent offenlegen und sicher nachschärfen.

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